In und um Laubegast

„Ich weiß ein Dörfchen klein und fein, gleich an der Elbe Strand, voll Vogelsang und Sonnenschein, ein wahres Blumenland…“

So beginnt das Lied „Mein Laubegast“, dessen Text vom Laubegaster Max Bewer um 1900 geschrieben wurde. Die Vertonung stammt von Otto Schmidt, der aus einem Wettbewerb als Sieger hervorging. Die Laubegaster sangen ihr Lied voller Begeisterung. Nachdem es einige Zeit in Vergessenheit geraten war, wird es heute wieder zu Liederabenden, in der Kirchgemeinde und zu anderen besonderen Gelegenheiten zelebriert.

Im Lied wird die Schönheit des damaligen Dresdner Vororts, mit seiner reizvollen Lage an der Elbe, seinen vielen Gärtnereien und Ausflugslokalen wunderbar verdeutlicht. Eine Schönheit, die sich das ständig wachsende Laubegast trotz mannigfacher Veränderungen bis heute bewahrt hat.

Der Ort, dessen Bewohner anfangs vor allem als Bauern ihr tägliches Brot verdienten, wird im Jahr 1408 in einer Lehnsurkunde als „Lubegast“ erstmals erwähnt. Später ließen sich hier auch Handwerker, Schiffszieher (Bomätscher) und Strohflechter nieder.
Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts wird Laubegast wegen der hier ansässigen Zwirner über Landesgrenzen hinweg bekannt. Die Zwirner kauften Garn und verarbeiteten ihn weiter. Auf den Elbwiesen legten sie ihre Ware zum Bleichen aus, woran heute noch die kleine Straße „Zur Bleiche“ in Richtung Elbufer erinnert. Laubegaster Zwirn galt damals als der beste in Sachsen und wurde auf vielen Märkten und Messen – u.a. auf der Leipziger Messe – angeboten.
Nach und nach wurden gutbetuchte Bürger, Gelehrte und Adlige aus dem nahen Dresden auf den idyllischen Ort aufmerksam und ließen sich hier nieder. Die vornehme Gesellschaft baute sich Landgüter, Sommerresidenzen und Villen. Einer von vielen bekannten Persönlichkeiten, die in Laubegast residierten, war der Chemnitzer „Lokomotivenkönig“ Richard Hartmann, der sich hier ein Anwesen errichtete. In der sogenannten „Hartmannschen Villa“ am Laubegaster Ufer sind Ornamente und Bildnisse zu sehen, die denen in der Semperoper sehr ähneln und deshalb der Werkstatt von Andreas Schaberstuhl zugeschrieben werden könnten. Vor dem Wiederaufbau der Semperoper studierten Restauratoren in der Villa Farbzusammenstellungen und Motive.
Laubegast, mit eigener Dampferanlegestelle, Fährverbindung zum anderen Elbufer und zahlreichen Gasthäusern, entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts zum beliebten Ausflugsziel der Dresdner. Ein reichhaltiges Kultur- und Kunstleben entwickelte sich. Prachtvolle Bälle, Tanzveranstaltungen und Konzerte u.a. im „Stadt Amsterdam“ – dem heutigen Volkshaus – locken zusätzlich Besucher an. Sie gelangten mit der Dresdner Vorortbahn, der „Elektrischen“ oder dem Dampfer nach Laubegast. Entlang des Elbufers gab es damals zahlreiche Badeanstalten. So wurde 1901 das von Fährmeister Wilhelm Hesse errichtete Elbebad, unmittelbar neben der Fähranlegestelle auf Hosterwitzer Seite, eröffnet. Es bestand bis 1914. Im Jahr 1915 richtete die Gemeinde ein eigenes Bad am Laubegaster Ufer ein, in dem der Bade- und Fährmeister Schöps auch Schwimmunterricht erteilte.

Am Ende des 19. Jahrhunderts ist Laubegast auch für seine hervorragenden Gärtnereien sowie die Baumschule Poscharsky bekannt. Die Erzeugnisse der Baumschule wurden unter anderem auf der Internationalen Gartenbauaustellung in Dresden prämiert. Große Ausstellungen der Gärtnerkunst fanden auch im Ort statt, die Erzeugnisse wurden weithin verkauft. Heute sind die Flächen der Gärtnereien und Baumschule größtenteils bebaut.
Im Jahr 1921 wurde Laubegast nach Dresden eingemeindet. Wer heute durch den Ort spaziert, dem begegnen häufig Österreichisch anmutende Straßennamen. Wie kam es dazu? Mit der Eingemeindung mussten zahlreiche Straßen umbenannt werden, um Verwechslungen mit bereits in Dresden vorhandenen Straßennamen zu vermeiden. Nach einigen Überlegungen entschlossen sich unsere einfallsreichen Vorfahren, Namen aus dem damaligen Königreich Österreich-Ungarn zu entleihen. So wurde aus der Hauptstraße die Österreicher Straße, aus der Carolastraße die Steirische Straße, aus der Sedanstraße die Grazer Straße, dem Bismarckplatz der Kronstädter Platz und so weiter und so fort.

Hochwasser gehörten für die Bewohner von jeher zum Leben an der Elbe dazu. Oft genug konnten elbnah gelegene Gebäude nur noch über ausgelegte Bretter erreicht werden und mussten die Eigentümer ihre Häuser danach wieder komplett herrichten. Aber was im Sommer 2002 auf alle Bewohner zukam, damit rechnete niemand.
Laubegast war einer der am stärksten betroffenen Stadtteile von Dresden und für kurze Zeit komplett von der Außenwelt abgeschlossen. Das inspirierte die Bewohner nun für ihr Festjahr zu dem Slogan „Dresdens schönste Insel“. Dem unermütlichen Fleiß der Bewohner, der zahlreichen Helfer und vielen Spenden ist es zu verdanken, dass Laubegast heute wieder in „altem“ und noch schönerem Glanz erstrahlt.

Laubegaster Schulen

Die Kinder von Laubegast besuchten lange Zeit die Leubener Schule. Da der Weg dort hin für Kinderfüße sehr beschwerlich war und auch die Anzahl der Kinder stieg, beschloss man ein eigenes Schulhaus zu errichten. Friedrich Immanuel Schober, Oberbereiter in Dresden und Gutsbesitzer in Laubegast, stiftete das Geld und der ebenfalls ortsansässige katholische Bischof Ignaz Mauermann stellte kostenfrei ein Stück Land zur Verfügung. So konnte im Jahr 1836 die erste Schule – das heutige Forsthaus – eingeweiht werden, das auch die Tolkewitzer Kinder mit besuchten. Ein zweiter Schulneubau wurde bereits 1863 notwendig, da die Kinderzahl stetig anstieg. Die dritte Schule, in der sich heute die 64. Mittelschule „Hans Grundig“ befindet, wurde 1883 errichtet.

Melli Beese

Die wohl bekannteste Schülerin der alten Schule war Melli (Amelie) Beese – die erste Motorfliegerin Deutschlands. 1886 in Laubegast geboren, sollte ihr ein Lebensweg als brave Haus-, Ehefrau und Mutter vorgeschrieben sein. Aber sie wollte mehr. So studierte die willensstarke Frau in Stockholm Bildhauerei. Melli interessierte sich außerdem stark für die Fliegerei und meldete sich 1910, trotz heftiger Proteste der männlichen Vertreter, in einer Flugschule an. Als erste Frau Deutschlands bekam 1911 den Pilotenschein.
Im Jahr 1912 gründete sie ihre eigene Flugschule, erflog sich so manchen Rekord und engagierte sich in der Flugzeugkonstruktion. 1925 beendete sie ihr Leben selbst.

Der Marienhof

Wer Laubegast über den Elberadweg aus Richtung Dresden erreicht, kommt unwillkürlich an einer mondänen alten Villa vorbei. Sie thront hinter einer dicken Sandsteinmauer, auf der in großen Lettern der Name „Marienhof“ zu lesen ist. Das Gebäude wurde 1894 vom Kunst- und Handelsgärtner Ernst Heinrich Gustav Lehmann errichtet. Wie viele Besucher sich hier wohl schon staunend den Hals verrenkten?

Der Kirchplatz

Laubegast hat einen Kirchplatz – aber wo ist die Kirche?
Der Gärtner Hermann Seidel, nach dem eine angrenzende Straße benannt ist, stiftete das Land für den Platz. Als jedoch in den folgenden Jahren in Leuben die Himmelfahrtskirche neu erbaut wird, beschließt man 1898 vorerst die Begrünung des Platzes und in den darauf folgenden Jahren verabschiedet man sich allmählich von der Vorstellung, eine eigene Kirche zu errichten. Seit 1925 ziert die Mitte des Platzes ein rundes Denkmal zu Ehren der Gefallenen des ersten Weltkrieges. „Der Streit um die Kirche ging erst nach 100 Jahren noch gut aus. Seit 1996 hat Laubegast zumindest ein Gemeindehaus – auf der Hermann-Seidel-Straße.“, ist im Buch 600 Jahre Laubegast zu lesen.
Die Randbebauung rahmt den Kirchplatz in gefälliger Weise ein. Die ungewöhnliche, runde Architektur des Gebäudeensembles nimmt dabei die Form des Platzes und des Denkmals in der Mitte auf. Von 1927 – 28 wurden die Gebäude nach langen Verhandlungen durch die gemeinnützige Heimstätten A.G. Groß Dresden errichtet. In den vergangenen Jahren saniert, ist das dieses gesamte Ensemble heute wieder ein sehenswertes Kleinod.

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